Leipzigs F-Junioren wandeln auf neuen Pfaden
„Boah ist das krass.“ Nicht nur einer Mutter entfuhr dieser Satz, als sie am Sonntagmorgen von der Zuschauertribüne auf die 16 (!!!) Spielfelder blickt. Der Fußballverband der Stadt Leipzig (FVSL) beschreitet neue Wege. Und ließ deshalb am Sonntag erstmals seine F-Junioren-Hallenmeisterschaft nicht mehr als bitterernsten Wettbewerb um den einen Titel und den einen Pokal austragen. „Wir wollen viele Tore, viele Aktionen, eine annähernd gleiche Spielzeit für alle kleinen Kicker“, so FVSL-Jugendausschusschefin Marianne Wenzel. Die Lösung dafür: Funino. „Oder in unserem Fall eine Mischform aus Hallenfußball und Funino.“
Um die umsetzen zu können, baute die Firma Bazookagoal am Vortag 16 Bandensysteme in der großen Halle des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV) in Abtnaundorf auf. Deren Clou: „Ein System besteht aus zwei Bahnen, die einmalig mit Luft gefüllt werden, ähnlich wie bei einem Schwimmring“, erklärt Hardy Brüning, Chef von 3v3 Deutschland, der mit seiner Firma das Equipment hierzulande vertreibt. Der Original-Funino-Platz besteht zudem aus vier kleinen Toren. In Abtnaundorf sind es zwei. „Die Idee kommt aus dem skandinavischen Raum“, weiß Brüning. „Der Ball rollt nicht ständig ins Aus. So bleiben die Kinder richtig lange in Aktion.“
Gespielt wurde Drei gegen Drei, ohne feste Positionen, ohne Torhüter. Das Berühren des Balles mit den Händen: für alle Akteure tabu. Schiedsrichter: Fehlanzeige. Lag ein Team mit drei oder mehr Toren zurück, durfte ein vierter Spieler auf’s Feld. Und ganz wichtig: Nach jedem erzielten Tor mussten beide Kontrahenten wechseln, um so allen Kickern etwa dieselbe Spielzeit zu garantieren. Am Vormittag und Nachmittag waren so insgesamt 128 Mannschaften am Ball, 448 Partien wurden ausgetragen.
Das Hauptanliegen: der Spaß am Spiel. „Wir wollen Begeisterung schaffen. Die Jungen und Mädchen sollen dribbeln, sollen keine Angst haben, den Ball nach vorn zu spielen“, so Brüning. Und sie sollen befreit sein vom Leistungsdruck und dem bisweilen überbordenden Ehrgeiz von Trainern. „Da bekommen nicht so leistungsstarke Kinder weniger Spielzeit, entwickeln Frust, verlieren am Ende die Freude am Fußball und hören auf. Das merken die Vereine dann in den älteren Jahrgängen.“
Am Sonntag gab es auch aus diesem Grund keinen Meisterpokal, keine Medaillen in den klassischen Färbungen, keine Siegerehrung. Statt dessen erhielt jeder Teilnehmer ein kleines Geschenk. Ergebnisse gab es zwar, eine echte Rolle spielten sie allerdings nicht wirklich. Statt dessen bejubelten Kinder und Eltern jedes erzielte Tor enthusiastisch. Damit hatten sie reichlich zu tun. Allein am Vormittag fand das Runde sagenhafte 1671 Mal den Weg ins Eckige. Am Nachmittag waren es dann 1681 Treffer. Der Umstand, dass die „Nachmittagsgruppe“ die Nase vorn hatte, sorgte für lauten Jubel bei allen Beteiligten.
„Ich freu mich so“, bekannte Marianne Wenzel freimütig. „Das läuft alles so reibungslos, trotz der vielen Mannschaften und Kinder. Ich habe mit mehreren Trainern gesprochen. Alle waren begeistert. Ich bin froh, dass wir uns so entschieden haben.“
Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die FVSL-Jugendausschusschefin ein Turnier auf diese Weise organisiert. Denn ein Teil der Bandensysteme bleibt dem Verband erhalten. „Die Ralf-Rangnick-Stiftung erwirbt 12 Bandensysteme, stellt sie uns und dem SFV zur Nutzung zur Verfügung“, so Uwe Schlieder, Geschäftsführer des FVSL. Insgesamt handelt es sich um acht kleine Systeme mit je zwei Toren und vier große mit je vier Toren. „Die können wir für unsere Kinder- und Schulfussballturniere in der Halle und auf dem Feld einsetzen. Außerdem möchten wir sie interessierten Vereinen ausleihen. Sie sollen so oft wie möglich zum Einsatz kommen.“
AHR / Sportbuzzer